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Ölgemälde von Heinrich Windelschmidt

Der Zeitungsartikel wurde mir von der Familie Jülich aus Dirmerzheim zur Verfügung gestellt.

 
 
 

Jährlich an Christi Himmlfahrt wird in Gymnich ein ca. 800 Jahre alter Brauch zelebriert, der Gymnicher Ritt, eine Reiter- und Fußprozession.
Da er im gesamten deutschen Sprachgebiet bekannt ist, strömen an diesem Tag fromme Pilger und Schaulustige in Scharen nach Gymnich.

Wie ist es zu diesem Brauch gekommen?

Der Sage nach soll es die Erfüllung eines Gelübdes sein, welches Ritter Arnold von Gymnich während des Kreuzzug von Damiette (1217-1221) im Jahre 1221 geleistet hat.
Auf der Flucht vor syrischen Truppen, im Nil-Delta, gerieten die Kreuzritter in einen Sumpf und viele versanken. Der gleichen Gefahr war auch der gläubige Ritter Arnold I. von Gymnich ausgesetzt und dachte " Das kann es doch nicht gewesen sein", zumal sein Pferd schwer mit der Beute des Kreuzzuges , Gold, Silber und Edelsteine, beladen war. Diese Beute war dazu bestimmt seine finanziellen Probleme auf der Burg und die seiner Untertanen, die durch die jahrelange Abwesenheit entstanden war, zu lindern.

Darauf hin sprach er folgendes Gelöbnis:
"Wenn Du, o Herr, mich rettest aus dieser großen Not, dann will ich hoch zu Roß mit allen meinen Mannen jedes Jahr am Feste Christi Himmelfahrt eine Prozession über die Fluren meines Heimatdorfes Gymnich halten, und meine Nachfahren sollen es so halten und tun bis in fernste Zeiten!"
Da soll ein Schilfhuhn aufgeflogen sein und das im Sumpf steckende Pferd erschreckte sich derart, daß es einen Satz machte und festen Boden erreichte. So konnte sich Ritter Arnold mit den übrigen Rittern auf den Heimweg machen.
Dort erinnerte er sich an die gesprochenen Worte und an den Tag an dem er beinahe ums Leben gekommen wäre. Er setzte das Gelöbnis in die Tat um und so fand der erste Gymnicher Ritt im Jahre 1227 statt.

So oder so ähnlich könnte es gewesen sein, denn es gibt noch andere Sagen die den Ursprung des "Gymnicher Ritts" deuten.

Das Gelöbnis wird nun seit fast 800 Jahren aufrecht erhalten.
Im Durchschnitt nehmen an der jährlichen Prozession etwa 250 Reiter, 600 Fußpilger und 50 Pilger in Kutschen teil. Im Jahre 1949 wurden 3600 Fußpilger, 486 Reiter und 50 Kutschen gezählt. Die Pilger ziehen durch die Straßen und Felder Gymnichs. Immer mit dabei: Die Schlossstandarte und das Kreuzpartikel.
Das Kreuzpartikel ist Eigentum des Schloßherren und wird jedes Jahr aus der Schatzkammer des Kölner Doms nach Gymnich gebracht.
Dieser Kreuzpartikel, ein winziges Stück Holz (angeblich vom Kreuz Jesus), soll Ritter Johann von Gymnich im 15. Jahrhundert im Heiligen Land entdeckt haben.

     
Schlossstandarte  Kreuzpartikel  Schlossstandarte 

Der Weg für die Fußpilger bei der Prozession beläuft sich auf insgesamt 12,1 km. Da die Reiter in der Kohlstrasse starten und die Schloßstandarte abholen und zurück bringen beträgt deren Wegstrecke 17,2 km.
Die Prozession findet vormittags statt. Sie dauert ca. dreieinhalb Stunden.
Viele Gymnicher Familien können an Christ Himmelfahrt nicht an der Prozession teilnehmen, da sie Verwandte und Bekannte bewirten. Für diese Mitbürger findet an Pfingstmontag, morgens um 4.00 Uhr, eine Fußprozession statt, an der jährlich eine grosse Zahl von gläubigen Christen teilnimmt.
Daß die Gymnicher sehr an der Tradition hängen wurde deutlich als das Schloss noch Staatsherberge der Bundesrepublik war, und der sowjetische Staatspräsident an Christi Himmelfahrt mit einer Limousine zu Besuch kam. Der Ritt sollte verlegt werden, erinnert man sich. Das haben sich die Bürger nicht gefallen lassen und haben sich aufgelehnt. Erfolgreich. Der Wagen des Präsidenten musste über die Nachbardörfer fahren und einen Nebeneingang nehmen um in das Schloß zu gelangen.

   
Standarten 2008 in St. Kunibert  Standarten 2008 in St. Kunibert  

Pfarrer Joseph Weissenfeld hat in seiner Gymnicher Zeit (1910-1936) als Vikar den Gymnicher Ritt an die modernen Zeiten angepaßt.
Er entwarf Standarten welche die Geschichte des Ritt´s erzählen. Diese Standarten werden in der Woche vor Christi Himmelfahrt in der kath. Kirche St. Kunibert aufgestellt und von den Reitergruppen während der Bittprozession mitgeführt.

   

Gymnicher Ritt - Postkarte

Gymnicher Ritt - Postkarte

Jahr ist nicht bekannt. Bitte Info an den Autor.

Kommunionkinder(weisse Kinder) begleiten die Prozession bis an den Ortsausgang und holen die Teilnehmer am Ortseingang auch wieder ab.

Gymnicher Ritt nach 1953

In der jahrelangen Tradition um den Gymnicher Ritt entstanden auch einigen Anekdoten.

Hier zwei davon:
1. Die Bittprozession soll auch die Ernte der Bauern vor Hagel und Unwetter schützen. Angeblich sollen die Gymnicher Bauern den Ritt einmal ausgelassen haben, prompt vernichtete ein fürchterlicher Hagelschlag die Feldfrüchte. Nur eine alleinstehende Witwe blieb verschont, da sie den Bittweg allein mit einem Ochsen unternahm. Da ihre Früchte vom Hagelschlag verschont geblieben waren, fand der Gymnicher Ritt im Jahr darauf mit größerer Beteilung als je zuvor statt.

2. Während der "braunen Zeit" wurde der Ritt als "heidnischer Brauch" und insbesonders wegen des Tragens von Uniformen verboten. Hier hat man sich jedoch etwas einfallen lassen. Statt Schützenuniformen hat man sich in Frack und Zylinder geworfen und gegenüber der örtlichen Polizei geäußert, man reite nur aus, um nach dem Stand der Feldfrüchte zu sehen und die "Herren" waren machtlos.

Die Prozession endet mit dem Schlusssegen auf dem Rittplatz. Die Reiter der Schützenvereine bringen anschließend die Schloßstandarte und das Kreuzpartikel an den Schloßherren zurück.
Nach dem Schlusssegen beginnt der vergnügliche Teil. Auf der von der Kirche bis zur Brüggener Strasse gesperrten Hauptstrasse und den Nebenplätzen herrscht Jahrmarkts- und Kirmesstimmung. Neben den Verkaufständen mit Waren aller Art, den Kirmesschaustellern haben auch alle Gymnicher Geschäfte und Gaststätten geöffnet und freuen sich auf gute Geschäfte. Besonders bei schönem Wetter herrscht ein Betrieb wie auf der "Hohe Strasse", wie man in Köln zu sagen pflegt. Wenn um 18 Uhr die "fliegenden" Händler einpacken kehrt wieder Ruhe ein.

 
RITTPLATZ 
 

Rittplatz mit Rittaltar und Ehrenmal

Ehrenmal

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt , hat 1926 der Schlossherr Vicomte Franz de Maistre einen Teil seines Besitzes der an die Kirche angrenzte, für die jährlichen Ritterfeierlichkeiten außerhalb der Kirche zur Verfügung gestellt. Dieses geschah auf Grund einer Idee des damaligen Vikars Joseph Weissenfeld. An den späteren Pfarrer erinnert heute noch ein Straßenname in Gymnich. Mit der Möglichkeit die Reitermesse und den Schlusssegen auf dem Rittplatz abzuhalten konnte dem alten Gymnicher Brauch ein würdiger Rahmen zur Verfügung gestellt werden.

Der Rittaltar am Nordrand des Rittplatzes wurde 1953 nach dem Entwurf des Architekten Walter Büchel errichtet. Das 1963 vom köln/frechener Künstler Olaf Höhnen erschaffene Ehrenmal wurde 1971 wegen Straßenverbreiterung an die Ostseite versetzt. Das alte Kriegerdenkmal von 1926 wurde aus Kostengründen als nicht mehr erhaltungsbedürftig erklärt. Der Rest, ein Soldat mit Gewehr, wurde von der Schützengesellschaft restauriert und an
der Nordseite des Schützenhauses angebracht.

Gefallenenehrenmal (Sammlung Bert Schumacher)

Rittaltar

Der Rittaltar wurde 1982 erneuert und durch zwei Skulpturen belgischer Pferde, die unter Anleitung von Pfarrer Keyers gebaut wurden, komplettiert.